Selbst bei ausgeschaltetem Internet sammelt dein Fernseher Daten: Der ACR-Trick den niemand kennt

Wenn ihr abends gemütlich vor eurem Smart TV sitzt und die neueste Serie streamt, ahnt ihr wahrscheinlich nicht, dass euer Fernseher dabei fleißig mitschaut und Daten sammelt. Die meisten modernen Smart TVs sind mit einer Technologie ausgestattet, die viele Nutzer gar nicht kennen: ACR, kurz für Automatic Content Recognition. Diese automatische Inhaltserkennung analysiert kontinuierlich, was auf eurem Bildschirm läuft, und sendet diese Informationen an Hersteller und deren Werbepartner. Das Ziel? Ein detailliertes Profil eures Sehverhaltens zu erstellen, um personalisierte Werbung auszuspielen. Die Problematik ist so gravierend, dass sogar Texas Smart TV-Hersteller wegen Spionage verklagt.

Was ist ACR und wie funktioniert diese Technologie?

ACR ist eine ziemlich clevere, aber auch invasive Technologie. Sie funktioniert wie eine Art digitaler Fingerabdruck für Bewegtbilder. Euer Smart TV erfasst alle paar Millisekunden kleine Ausschnitte des angezeigten Bildes oder Tons und vergleicht diese mit einer riesigen Datenbank. Die dabei erzeugten digitalen Fingerabdrücke werden dann in regelmäßigen Abständen – alle paar Sekunden oder jede Minute – an die Server der Hersteller gesendet. So kann das System exakt identifizieren, welchen Film, welche Serie oder welche Werbung ihr gerade schaut, unabhängig davon, ob ihr Netflix streamt, klassisches Fernsehen guckt oder eine Blu-ray abspielt.

Das Bemerkenswerte daran: ACR arbeitet völlig im Hintergrund. Es gibt keine offensichtlichen Anzeichen dafür, dass euer Fernseher gerade Daten über euer Sehverhalten sammelt. Die Technologie erfasst nicht nur, was ihr schaut, sondern auch wann und wie lange. Geräte mit ACR können diese Informationen automatisch erfassen, ohne dass ihr irgendwelche Eingaben vornehmen müsst oder danach sucht.

ACR überwacht sogar externe Geräte

Besonders problematisch: Selbst wenn ihr keine Smart TV-Funktionen nutzt und euren Fernseher nur als Monitor für externe Geräte verwendet, kann ACR trotzdem aktiv sein. Forschungsstudien haben nachgewiesen, dass ACR über HDMI funktioniert, auch wenn der Smart TV als externes Display für DVD-Player, Spielkonsolen oder andere Geräte genutzt wird. ACR überwacht also nicht nur lineares Fernsehen, sondern schlichtweg alles, was über den Bildschirm flimmert – egal aus welcher Quelle und über welchen Anschluss.

Welche Hersteller nutzen ACR in ihren Fernsehern?

Die Liste der Hersteller, die ACR-Technologie einsetzen, ist lang und umfasst praktisch alle großen Namen der Branche. Samsung, LG, Sony und viele weitere integrieren diese Funktion standardmäßig in ihre Smart TVs. Die Hersteller nennen die Funktion allerdings nicht ACR, sondern erfinden kreative Namen dafür, um die eigentliche Funktion zu verschleiern. Bei Samsung läuft die Technologie unter dem Namen Viewing Information Services. Bei Sony-Geräten versteckt sich ACR häufig unter der Bezeichnung Samba Interactive TV oder Samba TV. Forscher haben speziell die Smart-TV-Plattformen von Samsung und LG untersucht und die ACR-Funktionalität detailliert nachgewiesen.

Warum sammeln die Hersteller diese Daten überhaupt?

Der Hauptgrund ist simpel: Geld. Die gesammelten Informationen über euer Sehverhalten sind für Werbetreibende extrem wertvoll. Mit diesen Daten lassen sich nicht nur Werbeanzeigen auf dem Smart TV selbst personalisieren. Die Informationen werden auch an Daten-Aggregatoren und Drittanbieter verkauft oder geteilt, die sie mit anderen Datenquellen kombinieren. So entsteht ein umfassendes Profil über eure Interessen, Gewohnheiten und demografischen Merkmale. Diese Profile werden dann genutzt, um euch auf verschiedenen Plattformen – vom Smartphone bis zum Desktop-Browser – gezielt Werbung auszuspielen.

Welche Datenschutzrisiken entstehen durch ACR?

Die Datenschutzproblematik bei ACR ist vielschichtig. Zunächst einmal wissen die meisten Nutzer nicht einmal, dass diese Technologie existiert und aktiv ist. Die entsprechenden Einstellungen sind tief in den Menüs versteckt. Um ACR wirklich zu deaktivieren, müssen Nutzer zwischen sechs und elf unterschiedliche Einstellungen anpassen – und die Formulierungen sind oft so vage gehalten, dass man kaum versteht, was genau aktiviert wurde.

Ein weiteres Problem: Die Daten werden häufig nicht ausreichend anonymisiert. Auch wenn die Hersteller behaupten, keine direkt personenbezogenen Daten zu sammeln, lassen sich durch die Kombination verschiedener Datenpunkte oft Rückschlüsse auf einzelne Personen ziehen. Wer regelmäßig bestimmte Nischenprogramme schaut oder ungewöhnliche Sehgewohnheiten hat, kann durchaus identifizierbar werden. Hinzu kommt die Frage der Datensicherheit. Die gesammelten Informationen werden über das Internet an die Hersteller und deren Partner übertragen. Wie sicher diese Übertragung ist und wer letztendlich Zugriff auf diese Daten hat, bleibt oft unklar.

So deaktiviert ihr ACR auf eurem Smart TV

Die gute Nachricht: Ihr könnt ACR in den allermeisten Fällen deaktivieren. Ein Opt-out stoppt den Netzwerkverkehr zu den ACR-Servern der Hersteller. Die schlechte Nachricht: Der Weg dorthin ist bei jedem Hersteller anders und oft absichtlich kompliziert gestaltet. Die Hersteller verwenden unterschiedliche Bezeichnungen und verstecken die Optionen in verschiedenen Menüebenen.

Samsung Smart TVs

Navigiert zu Einstellungen, dann zu Datenschutz und sucht dort nach Nutzungsinformationen. Deaktiviert die Option Viewing Information Services. Bei neueren Modellen kann sich die Option auch unter Allgemein und dann Datenschutz & Personalisierung befinden. Prüft alle angebotenen Tracking-Optionen und deaktiviert sie einzeln.

Sony und Android TV

Bei Sony-Geräten mit Android TV versteckt sich ACR häufig unter Samba Interactive TV oder Samba TV. Geht zu Einstellungen, dann zu Apps und sucht dort nach System-Apps. Findet Samba TV oder Samba Interactive TV und deaktiviert den Dienst komplett. Zusätzlich solltet ihr unter den Datenschutzeinstellungen alle Optionen zur Datensammlung überprüfen und ausschalten.

LG Smart TVs

Öffnet die Einstellungen und navigiert zu Alle Einstellungen. Dort findet ihr unter Allgemein verschiedene Optionen zur Datensammlung. Sucht nach Begriffen wie Nutzungsinformationen, Zusatzdienste oder ähnlichen Bezeichnungen und deaktiviert alle Tracking-Optionen. LG verwendet unterschiedliche Namen für diese Funktionen, daher lohnt es sich, alle Datenschutzoptionen durchzugehen.

Weitere Maßnahmen zum Schutz eurer Privatsphäre

Das Deaktivieren von ACR ist ein wichtiger erster Schritt, aber es gibt noch weitere Möglichkeiten, eure Privatsphäre beim Smart TV zu schützen. Überlegt, ob ihr die Internetverbindung wirklich dauerhaft benötigt. Viele Nutzer verbinden ihren Smart TV mit dem WLAN, nutzen dann aber hauptsächlich externe Streaming-Geräte wie Fire TV Stick, Apple TV oder Chromecast.

In diesem Fall könnt ihr den Fernseher einfach vom Internet trennen und nur bei Bedarf – etwa für Firmware-Updates – kurzzeitig verbinden. Das verhindert nicht nur die Datensammlung durch ACR, sondern blockiert auch andere Tracking-Mechanismen und reduziert die Angriffsfläche für potenzielle Sicherheitslücken. Eine weitere Option ist die Nutzung eines Pi-hole oder ähnlicher Netzwerk-Tools, die Tracking-Domains auf DNS-Ebene blockieren. Damit könnt ihr verhindern, dass euer Smart TV überhaupt mit den Servern der Hersteller und Werbepartner kommunizieren kann, selbst wenn ACR technisch noch aktiv ist.

Was sagt die DSGVO zu diesem Thema?

Aus Sicht der Datenschutz-Grundverordnung ist die ACR-Technologie durchaus problematisch. Die DSGVO verlangt eine ausdrückliche und informierte Einwilligung für die Verarbeitung personenbezogener Daten. Viele Smart TV-Hersteller aktivieren ACR jedoch standardmäßig während der Ersteinrichtung, oft versteckt in langen Nutzungsbedingungen, die kaum jemand vollständig liest. Verbraucherschützer kritisieren dieses Vorgehen seit Jahren. Es gab bereits mehrere Fälle, in denen Hersteller zu Geldstrafen verurteilt oder zur Änderung ihrer Praktiken gezwungen wurden. Dennoch bleibt ACR in vielen Geräten aktiv, weil die wenigsten Nutzer überhaupt wissen, dass sie diese Funktion deaktivieren können und sollten.

Das Thema Smart TV und Datenschutz wird uns auch in Zukunft beschäftigen. Je mehr Funktionen diese Geräte bekommen, desto mehr potenzielle Überwachungsmöglichkeiten entstehen. Es lohnt sich definitiv, beim Kauf eines neuen Smart TVs auf die Datenschutzfunktionen zu achten und direkt nach der Einrichtung alle unnötigen Tracking-Features zu deaktivieren. Nehmt euch die Zeit, alle Menüpunkte durchzugehen, auch wenn die Hersteller es euch schwer machen. Eure Privatsphäre ist wichtiger als personalisierte Werbung, und mit den richtigen Einstellungen könnt ihr verhindern, dass euer Fernseher zum Spion im Wohnzimmer wird.

Wusstest du dass dein Smart TV dich überwacht?
Ja und habe ACR deaktiviert
Ja aber nicht gewusst wie abstellen
Nein das schockiert mich total
Ist mir egal habe nichts zu verbergen
Habe keinen Smart TV

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